Das erste moderne Klassifizierungssystem für Tierarten
Als Arzt und Naturforscher in Zürich, Conrad Gesner war ein Wissenschaftler mit einem enzyklopädischen Geist. Die Kurzlebigkeit seines Lebens (1516-1565) steht im Gegensatz zur Anzahl seiner Tätigkeiten : Übersetzer griechischer Autoren, Verfasser einer Bibliotheca universalis, von Abhandlungen über Mineralogie und Botanik, ist er heute vor allem als Autor der Historia Animalium bekannt, die als erste zoologische Enzyklopädie der Renaissance gelten kann.
Bei Gesner findet sich die erste bekannte Erwähnung des Mandrills, eines Kynokephale-Affen, den der Naturforscher als eine Art Wolf beschreibt. Es ist davon auszugehen, dass sich Linnaeus später bei seiner eigenen Beschreibung dieses Primaten, den er Simia-Sphinx nannte, von seinem Vorgänger inspirieren liess.
Ab 1551 in lateinischer Sprache erschienen, bietet es auf viertausendfünfhundert Textseiten zoologische Beschreibungen, die so oft wie möglich durch hochwertige, von Zürcher Künstlern gestochene Illustrationen ergänzt werden. Alles zielt darauf ab, das gesamte Wissen der damaligen Zeit über Tiere zusammenzutragen und hat seinem Autor den Titel des Schweizer Plinius eingebracht. Der erste Band beschäftigt sich mit lebendgebärenden Vierbeinern, der zweite mit eierlegenden Vierbeinern, der dritte mit Vögeln und der vierte, weitgehend inspiriert durch die Arbeiten von Guillaume Rondelet und Pierre Belon, mit Fischen und Wassertieren. Diejenigen über Schlangen und Insekten sind posthum.
In dem Bestreben, alles bekannte Wissen genau zu ordnen, folgte Gesner einer alphabetischen Klassifizierung nach Bänden und schlug einen Taxonomie-Entwurf vor, indem er eine lateinische Bezeichnung aus zwei Wörtern verwendete : der erste gibt die Gattung an, der zweite einen Kennzeichnung, nach einem System, das später auch von anderen Naturforschern wie Rudolf Jakob Camerarius (1665-1721) und natürlich Carl von Linné (1707-1778) verwendet wurde. Wenn er auch Fabelwesen erwähnt, die von antiken Autoren berichtet werden, ist Gesner tatsächlich, wie Georges Cuvier schrieb, der erste Zoologe der Neuzeit.
Strasbourg, Bibliothèques de l’Université, Signatur H 366 (Sammlung BNU – Aufbewahrungsort : Unistra)
Conrad GESNER, Historiae animalium liber II de quadrupedibus oviparis. Appendix historiae quadrupedum viviparorum & oviparorum, Zurich, 1554, in-folio